MUSEUMSDORF VOLKSDORF 
  erleben, gestalten, erhalten 

Christian Roitzsch an der Drehbank

Am liebsten sitzt Christian Roitzsch vor einer Drehbank, sei es zu Hause in Bergstedt oder in der Werkstatt im Museumsdorf Volksdorf. Der 83-Jährige drechselt mit Begeisterung. „Das ist eine meditative, entspannende Arbeit“, sagt er. 
Er schwärmt von den Gerüchen, die das Holz aus den verschiedensten Baumarten verströmt („Zedern riechen stark und einfach nur toll“), und davon, was man aus Holz alles herstellen kann.
Das Museumsdorf prägt er seit 2019 mit seiner Faszination für Holz mit.


Hunderte von Schulkindern und Erwachsenen konnten bislang sein Handwerk bestaunen und näher kennenlernen, zahlreiche seiner Produkte wie Kreisel, Salzstreuer, Gewürzmühlen und Schreibgeräte wurden in Emmis Krämerladen verkauft. 

Der Erlös kam dem Museumsdorf zugute. „Allein in den Jahren 2021 bis 2022 sind auf diese Weise rund 8000 Euro zusammengekommen“, sagt er.

Jetzt fokussiert der Senior-Drechsler sein ehrenamtliches Engagement auf die Teilnahme an den beliebten öffentlichen Gewerketagen und Schnupper-Vorführungen für Kinder.  Stets ging und geht es im darum: „Ich will den Kindern und Erwachsenen die Angst nehmen vor einem drehenden Stück Holz. Drechseln kann man lernen, indem man übt. Übung macht den Meister.“

In Hamburg hat er sich als Rentner noch einmal neu erfunden.
Früher arbeitete er als leitender Vertriebsmitarbeiter für ein international bekanntes Unternehmen auf den Gebieten der Medizin- und Sicherheitstechnik. Es stellt unter anderem Inkubatoren, Narkose- und Sauerstoffgeräte her.
Eine Radtour mit einem Freund von Lindau am Bodensee zurück nach Hamburg, wenige Tage nach Eintritt in den Ruhestand mit 63, bringt die Klärung für den weiteren Lebensweg.

Während er in seinem Berufsleben mit seinem GTI-Dienstwagen gut 80.000 Kilometer pro Jahr fährt, und zeitweise in Stuttgart und Paris wohnt, sucht er nun Sinn und Arbeit in einem bodenständigen Handwerk, bei dem sich alles um Holz dreht.

Beim Drechseln handelt es sich um ein spanabhebendes Verfahren, bei dem das Werkstück rotiert.
Es ist eines der ältesten Handwerke der Menschheit, das den Besuchern des Museumsdorfes in einer eigenen, allerdings im Winter nicht beheizbaren Werkstatt präsentiert wird.


„Drechseln war immer meine Leidenschaft. Ich habe es zwar beruflich nicht erlernt, mir aber durch viel Übung sehr vieles selbst beigebracht“, erzählt er.„Drechselkurse in der Drechselstube Neckarsteinach haben mir sehr geholfen, meine Fertigkeiten und Techniken zu verbessern. 
Als Krönung meiner Ausbildung habe ich an dem Vorbereitungskurs für die Drechselmeisterprüfung in Bad Kissingen teilgenommen.“

Mit diesem Wissen kann er seinen Traum in die Tat umsetzen und in seiner Garage eine Werkstatt einrichten, zu der eine Drehbank, Bandsäge, Ständerbohrer und das gängige Drechselwerkzeug gehören. 
Auch die Drechsler-Werkstatt im Museumsdorf verfügt standardgemäß über die notwendigen Werkzeuge. Sie, die Seiler und die Schmiede gehören bekanntlich zu den Klassikern im Museumsdorf.

Als Christian Roitzsch seine ehrenamtliche Tätigkeit im Museumsdorf beginnt, lernt er auch noch Werner Nehring kennen, den legendären Drechselmeister, der liebevoll „Kreiselopa“ genannt wird. 
Werner Nehring, der Jung und Alt jahrelang an den Fest- und Gewerketagen an seinem Arbeitsplatz in der Durchfahrtscheune mit Kreiseln versorgte, hatte sich mit 90 Jahren aus seinem Dienst zurückgezogen. Auch von ihm hatte er viel gelernt.

Neben seinem Engagement für das Museumsdorf ist der verheiratete Familienvater Christan Roitzsch (zwei Töchter, zwei Enkel) für die Einrichtung  "Hände für Kinder" Kupferhof gGmbH tätig, wo er Schnupperkurse für das Drechseln anbietet.  „Menschen das Drechseln zu zeigen, ist für mich das Schönste“, sagt er mit strahlenden Augen.

Edgar S. Hasse

 
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